Ab in den Süden: Eine Reuchlin-Romanze
Ach, wie hätte das Schuljahr schöner beginnen können als mit unserer Studienfahrt nach Rom? Auf dem (Stunden-)Plan stehen nämlich statt mehr oder minder theoretischer Lernfächer nun durchaus praktische Erlebnisse, die sich nicht nur in sämtliche Schrittzähler, sondern auch in unsere Erinnerung einbrennen werden.
Wie bereits Johann Wolfgang von Goethe betreten wir die Hauptstadt Italiens direkt über die Piazza del Popolo, um gleich darauf den Pincio-Stadtberg und seine schöne Aussicht auf das römische Treiben zu genießen, bevor es über die film- und social-mediareife Via Margutta mit ihren Efeuranken und bunten Häusern zur Spanischen Treppe und danach zum Trevi-Brunnen geht, der sich mit seinem weiß leuchtenden Travertin- und Marmorgestein urplötzlich im Menschengewirr vor uns auftut. Wirft man eine Münze in den Brunnen, so kehrt man der Sage entsprechend nach Rom zurück. Opfert man noch eine zweite Münze, so soll man sich in eine Italienerin oder einen Italiener verlieben (was uns bei all dem gebotenen dolce vita in so schöner Kulisse plausibel erscheint). Ein Besuch im Pantheon mit seiner berühmten offenen Kuppel und eine Spaziergang zur Piazza Navona runden unsere ersten Eindrücke gelungen ab.
Eine Rom-Studienfahrt wäre nun aber keine solche, stünden wir nicht am nächsten Tag – auch unter Inkaufnahme doch einiger Regentropfen – vor dem Kolosseum, dem steinernen Riesen aus unserem Lateinbuch der fünften Jahrgangsstufe, gefolgt von den beeindruckenden Ruinen des Forum Romanums, während derer Besichtigung u.a. der Titus-Bogen, der Tempel der Vesta und der Saturn-Tempel im Schatten des Kapitols vor unser aller Augen lebendig werden. In der Galleria Borghese begegnen wir nach einer Mittagspause in Form von akribisch sorgfältig und prachtvoll gefertigten Statuen außerdem – um nur wenige Beispiele zu nennen – der Verfolgungsjagd von Apoll und Daphne und dem Abenteurer Äneas, der als mythologischer Gründer Roms seinen Vater aus dem brennenden Troja trägt und ihn am Ende doch nicht retten kann: Auch diese Tragik kennen wir aus dem Latein-Unterricht.
Doch vorläufig genug von der alten Sprache, heißt uns am Mittwoch die Casa die Goethe willkommen, um uns die in Rom verbrachte Zeit des deutschen Dichterfürsten nahe zu bringen: Wir stehen sogar in Goethes Schlafzimmer, blicken von dort auf eine durch Tavernen und Menschen belebte Gasse und verstehen den Literaten, der laut seinem Buch zur italienischen Reise in Hinblick auf Rom wusste: „Ja, ich bin endlich in der Hauptstadt der Welt angelangt!“
Dass Goethe über seine Zeit in der ewigen Stadt sagt, dass sie eine seiner glücklichsten seines Lebens war, können wir ihm spätestens dann nachfühlen, als wir über das heute in Form von Wohnungen genutzte Marcellus-Theater, die wahrheitssuchende Bocca della Verita und den weitläufigen Circus Maximus auf den Berg Aventin gelangen: Unter Orangenbäumen machen wir eine kleine, aber wohlverdiente Pause, die Aussicht auf die Stadt und v.a. die Kuppel des Petersdoms könnte nicht besser sein.
Einen Tag später lernen wir „das Dorf“ in Rom kennen und verbringen einen Vormittag im schönen Trastevere, wie der Name schon sagt: jenseits des Tibers. Zunächst steht ein Abstecher in die Villa Farnesina auf dem Programm, wo wir prachtvolle und bunte Wand- und Deckenbemalungen bestaunen, welche sowohl Sternzeichen als auch die antike Götter- und Mythenwelt zeigen. Ebenfalls gut gefällt uns die Kirche Santa Maria in Trastevere – sozusagen mitten auf dem „Dorfplatz“ –, deren Besichtigung eine kurze Mittagspause folgt, in der wir uns mit Proviant für die bevorstehende Wanderung auf den Gianicolo ausrüsten. Erneut sammeln unsere Schrittzähler also einiges an Beute, doch das mittägliche Sportprogramm hat sich gelohnt: Auf einer Aussichtsterrasse, die ihresgleichen sucht, verspeisen wir glücklich unsere Brotzeit.
„Zum Abschied Gutes Tun“ ist noch am selben Abend unser Motto, dem gemäß wir unserer Rom-Reise mit einem traditionellen 3-Gänge-Menü in der Trattoria de Gli Amici einen würdigen Abschluss verleihen: Das Restaurant ist ein Sozialprojekt für und mit Menschen mit Behinderung, die sowohl vor Ort mitarbeiten als auch künstlerische Arbeiten dort ausstellen können. Was sollen wir sagen: Der Vorspeisenteller mit römischen Spezialitäten, die dampfende Pasta und das süße Tiramisu zum Dessert schmecken fantastisch und wir verlassen satt und zufrieden das Lokal und am nächsten Tag Rom.
Der Abschied wird uns nun aber aus zweierlei Gründen nicht gerade leicht gemacht: Zunächst einmal geht allmählich eine wunderbare Zeit mit gemeinsamen Erlebnissen zu Ende, die alle Gruppenmitglieder – egal, wie gut man sich vorher kannte – zu einer Gemeinschaft geformt haben. Andererseits müssen wir, da die öffentlichen Verkehrsmittel streiken, nach einem Besuch des Petersdoms (der Aufstieg in die Kuppel ist als Abenteuer unvergessen!) und der Engelsburg fast fünf Kilometer zu Fuß zurück zum Hotel gehen, wo unser Bus uns abholt. Die Kalorien vom Vortag sind also wegtrainiert, die schönen Erinnerungen bleiben. Für uns ist klar: Alle Wege führen nach Rom (zurück)!
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